Rückkehr gestalten
Rückkehr gestalten
Als Ehrenamtliche leisten Sie einen wertvollen Beitrag, damit Schutz suchende Menschen in Deutschland ankommen und schrittweise ein neues Zuhause finden können. Gleichzeitig führen rechtliche Restriktionen dazu, dass immer mehr Geflüchtete keine dauerhafte Bleibeperspektive erhalten und gezwungen sind, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Das bedeutet nicht nur für die rückkehrenden Flüchtlinge Abschied nehmen von Deutschland und allem, was ihnen hier wertvoll geworden ist.
Auch für Engagierte heißt das, sich von vertrauten und liebgewonnenen Menschen verabschieden zu müssen. Vielfach sind ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer dann mit Gefühlen der Hilflosigkeit, Trauer, Wut und Enttäuschung konfrontiert.
Text: Lorraine Kienzle (DiCV Aachen), Marion Hafenrichter (DiCV Münster) für den Arbeitskreis der Flüchtlingsbeauftragten in den NRW-Bistümern
Aktuelle Rechtsprechung verbietet Rücküberstellungen nach Italien von dort anerkannten Schutzberechtigten
Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig bereits im April 2020 entschieden hatte, dass anerkannten Schutzsuchenden in Italien auch ohne besondere Vulnerabilität eine Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie Artikel 4 der EU-Grundrechte-Charta (GRC) (Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung) droht, haben nun auch das VG Magdeburg (Az.: 6 A 124/18 MD vom 23.06.2020) und das VG Berlin (Az.: 28 K 21.18 A vom 16.07.2020) festgestellt, dass die Abschiebung von in Italien als schutzberechtigte anerkannten Personen unzulässig ist; die ohnehin prekäre wirtschaftliche Situation habe sich durch die Corona-Pandemie noch erheblich verschlechtert.
Das VG Magdeburg führte in seiner Urteilsbegründung an, dass rückkehrenden Personen, deren Aufenthaltstitel in Italien abgelaufen ist, ein bis zu einem Jahr andauerndes Verfahren zur Wiedererteilung des Aufenthaltstitels droht; es sei davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum weder einer regulären Beschäftigung nachgegangen werden könne, noch Anspruch auf die Zahlung staatlicher Unterstützungsleistungen bestehe.
Basierend auf einer detaillierten Analyse der derzeitigen Lebenssituation von Flüchtlingen in Italien, schlussfolgerte das VG Berlin: „Von einem formal anerkannt Schutzberechtigten kann nicht verlangt werden, in einen solchen Mitgliedstaat zurückzukehren, in dem er sich einer Gleichgültigkeit und unmenschlichen Behandlung des Mitgliedstaats gegenübersieht. Der Kläger muss sich auch nicht auf die Hilfe von karitativen Nichtregierungsorganisationen verweisen lassen, da die Pflicht zur menschenwürdigen Behandlung dem Mitgliedstaat obliegt.“ Während der Abschiebungsbescheid des BAMF aufzuheben ist, lässt das VG Berlin offen, welche konkreten asylrechtlichen Folgen sich aus der Aufhebung des Ablehnungsbescheids ergeben. Dem BAMF sei jedoch untersagt, ohne Änderung von Sach- und Rechtslage eine erneute Unzulässigkeitsentscheidung zu treffen.
VG Braunschweig – Az.: 3 A 112/19 (21.04.2020)
VG Magdeburg – Az.: 6 A 124/18 MD (23.06.2020)
VG Berlin - Az.: 28 K 21.18 A (16.07.2020)