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Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln

"Der Kindergarten hilft die Familien zu integrieren"

26.07.16, 08:12
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Thomas Schnorr
“Der Kindergarten hilft die Familien zu integrieren“

In der Kita „Klauser Delle“ in Remscheid sind Flüchtlingskinder nichts Neues

Yurik, Schilo und Kevin spielen gerne zusammen. Am liebsten in der Bauecke. Dass sie alle aus verschiedenen Ländern kommen, spielt dabei keine Rolle. Yurik ist fünf Jahre und kommt aus Armenien. Seit einem Jahr ist er in Deutschland, davor hat er vier Jahre in Belgien gewohnt. „Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst, weil ich keinen kannte“, gibt er zu. Jetzt spricht er sehr gut Deutsch und hat neben Schilo und Kevin noch viele weitere Freunde gefunden. Gemeinsam mit seinen 10-jährigen Zwillingsgeschwistern Erik und Erika, den Eltern und Großeltern wohnt er in einer Wohnung direkt über der Kita „Klauser Delle“ in Remscheid. Das besondere an der Kindertagesstätte: Sie ist in ein Übergangswohnheim für Flüchtlinge integriert.

Die Sprache als größte Barriere

Am Anfang waren die Sprachbarrieren schon spürbar. Da sie aber schon ein paar Vorkenntnisse in Russland sammeln konnte, hatte sie nicht so große Probleme wie viele andere Flüchtlingsfamilien. Die 38-jährige Russin ist ehrgeizig und gut ausgebildet, hat studiert. Zurzeit ist sie nur geringfügig beschäftigt. „Ich suche immer noch eine Arbeitsstelle, aber das ist nicht so einfach“, erzählt sie. Richtig froh ist sie, dass ihre Kinder sich im Kindergarten so schnell eingewöhnt haben und kaum Sprachprobleme hatten. Tochter Nika war zunächst ein Jahr in einem anderen Stadtteil in der Kita, bevor sie nach Dellbrück und damit wohnortnah wechselte, Felix war ein Jahr in anderem Kindergarten in der U3-Gruppe, mit 3 Jahren konnte er dann in den Kindergarten St. Norbert wechseln. Die Eingewöhnung war ganz normal wie bei jedem anderen Kind auch.

„Alle Kinder, auch die Flüchtlingskinder, gehen ganz unvoreingenommen in den Kindergarten“, berichtet Heidi Haas. Seit sechs Jahren leitet sie die Kita in Dellbrück mit insgesamt 87 Kindern von zwei bis sechs Jahren in vier Gruppen. Das Thema Flüchtlinge beschäftigt die Kita St. Norbert jetzt immer mehr: Mittlerweile gibt es drei Flüchtlingswohnheime in Dellbrück und die Nachfrage nach Kindergartenplätzen steigt. Haas: „Drei Flüchtlingsfamilien haben wir inzwischen hier, es kommen bald noch zwei aus Georgien dazu.“ Die Kontakte zu den Familien entstehen über eine Lebensmittelausgabe, die der Pastoralreferent in Dellbrück organisiert. „Natürlich würden wir noch viel mehr aufnehmen, aber unsere Plätze sind natürlich begrenzt. Dazu bräuchten wir auch noch weitere zusätzliche Unterstützung durch eine Praktikantin oder einen FSJler“, sagt Haas.

Kindergarten als Integrationshilfe für die ganze Familie

„Die Flüchtlingskinder freuen sich, wenn sie hier auf andere Kinder treffen“, berichtet die Leiterin. „Die reden mit Händen und Füßen und lernen dann ganz schnell“. Positiver Nebeneffekt: Über den Kindergartenalltag können die Familien besser integriert werden, nicht selten fungieren die Kinder als Dolmetscher und helfen ihren Eltern. Unheimlich wichtig sei auch ein Netzwerk. „Über die Gemeinde bekommen wir Unterstützung und wir haben eine Therapeutin im Team. Mit Hilfe kann man Berge versetzen. Wichtig ist einfach, den Familien zu zeigen, dass sie willkommen sind“, so Haas.

Natürlich stößt man bei aller Hilfsbereitschaft auch an Grenzen. Schwertraumatisierte Kinder kann die Kita nicht aufnehmen. Haas erzählt von einer Familie aus Syrien, die eine schlimme Fluchtgeschichte erleben musste. Die syrische Mutter habe dabei sogar eine Fehlgeburt erlitten. Das dreijährige Kind habe sich am ersten Kindergartentag mit beiden Händen den Kopf umklammert und nur geschrien. „Manchmal merken wir erst, wenn die Kinder hier sind, wie traumatisiert sie sind“, sagt Haas, „dann muss diesen Kindern zunächst professionelle Hilfe organisiert werden“. Schnell wird klar, dass sich die Kita diesem Thema offen und mutig stellt. „Flüchtlinge sind halt da – resümiert Haas – wenn ich mich in meinem Rahmen kümmere, dann ist doch viel getan.“

Felix und seine Schwester Nika haben die Zeit im Kindergarten genossen und sie haben sich sehr gut entwickelt. Sie sind aufgeweckt und wachsen zweisprachig auf. Zuhause sprechen sie russisch, außerhalb deutsch – und das fließend. Nika lernt in der ersten Schulklasse schon Englisch. Felix freut sich auf die Schule. Hier in Deutschland zu leben, ist für beide inzwischen das Normalste auf der Welt.

 

Text: Pia Klinkhammer, Pressereferentin im DiCV Köln