
Alphonsine Kayinamura ist vor 21 Jahren aus Ruanda geflohen. Heute verzaubert sie in Bonn ihre Kunden: Bei ihrem Cateringservice für afrikanisches Essen dekoriert sie ihre Häppchen liebevoll, der Eistee aus selbst gepresstem Hibiskussaft wird mit Zitronenscheibe serviert. Alphonsine Kayinamura hat sich gerade ein Haus in der Nähe von Bonn gekauft: Hier kann sie noch mehr Zeit in den Cateringservice investieren, denn die Großküche ist direkt im Haus.
Von Jana Banse
Für Alphonsine Kayinamura bedeutet der Cateringservice ein Stück ihrer Heimat Ruanda in Deutschland. Vor 21 Jahren ist sie von dort geflohen, damals herrschte Bürgerkrieg, der heute als Völkermord anerkannt ist. Alphonsine Kayinamura spricht nur ungern über die Zeit, sie weckt viele schlimme Erinnerungen: „Die Menschen haben sich gegenseitig umgebracht. Überall lagen Leichen herum. Niemand war sicher, man konnte jederzeit Opfer von diesem Gemetzel werden.“ Alphonsine Kayinamura fürchtet damals nicht nur um ihr eigenes Leben: Ihr Sohn ist noch ein Säugling, ihre Tochter kann gerade erst laufen. Mit ihrer Angst ist Alphonsine Kayinamura alleine, denn ihr Mann ist gerade zu einer Fortbildung in Berlin. Trotzdem entschließt sie sich, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand flieht sie in den Süden Ruandas:
„Niemand hat mir geholfen. Ich war da komplett auf mich alleine gestellt. Nur habe ich immer wieder ein paar Verwandte angerufen, da konnten wir manchmal schlafen.“
Als Alphonsine Kayinamura im Süden Ruandas ankommt, findet sie ihre Mutter. Doch auch hier ist die Lage nicht sicher. Alphonsine Kayinamura hat Glück: Ihr Mann kann durch Beziehungen bei seiner Fortbildung in Deutschland erreichen, dass seine Familie nachkommen kann. Alphonsine Kayinamura ist erleichtert, doch ihre Mutter möchte nicht mit. Sie will nicht gehen, bevor sie ihren Mann und zwei ihrer Kinder gefunden hat. Doch von den dreien fehlt jede Spur: „Sie hat die drei nie wieder gefunden. Sie müssen gestorben sein.“
Zwei Wochen dauert die Flucht nach Deutschland. Alphonsine Kayinamura erinnert sich noch gut: „Wir müssen gestunken haben, als wir in Deutschland ankamen. Es gab ja keine Gelegenheit, sich zu duschen. Aber wir wurden herzlich empfangen.“ Ihr Mann hat bereits eine Unterkunft bei einer anderen Familie aus Ruanda gefunden, hier darf auch der Rest der Familie bleiben. „Durch die vielen Kontakte meines Mannes, war es erst mal leicht, hier anzukommen. Wir haben schnell Anschluss gefunden.“ Auch eine Hilfsorganisation setzt sich stark für Flüchtlinge aus Afrika ein: „Die haben uns ganz viel geholfen, bei Sprachkursen und dabei, alles zu regeln.“
Alphonsine Kayinamura findet schnell einen Job, auch durch ihre gute Bildung. Sie beherrscht mehrere Fremdsprachen und hat einige Jahre Jura studiert. Ihr erster Arbeitsplatz ist in einem Bildungszentrum für Frauen im Bereich Migration. Später kommt sie zur Aidshilfe in Bonn. Bei Veranstaltungen serviert Alphonsine Kayinamura immer wieder ehrenamtlich afrikanisches Essen. Vielen Leuten hat das gefallen: „Es sind immer wieder Menschen auf mich zugekommen, die begeistert waren und die gesagt haben: Mach das doch beruflich, sowas brauchen wir hier in Bonn.“ Der Gedanke reift in Alphonsine Kayinamura; vor acht Jahren eröffnet sie schließlich ihren Cateringservice. Außerdem gibt sie Kochkurse für afrikanisches Essen. Bei der Aidshilfe arbeitet sie trotzdem weiter, weil sie für ihre beiden Kinder immer ein sicheres Einkommen haben möchte. Die beiden sind mittlerweile erwachsen und helfen ihrer Mutter oft beim Catering.
Mittlerweile ist Alphonsine Kayinamura in Deutschland gut integriert. Aber sie hat die Zeit nicht vergessen, in der sie hilfesuchend nach Deutschland kam. Deswegen engagiert sie sich heute für andere Flüchtlinge: „Vor Weihnachten kannten die Flüchtlinge in der Umgebung die Bräuche rund um die vielen Lichterketten, Bäume und die Religion nicht. Also habe ich gemeinsam mit verschiedenen Hilfsorganisationen ein Weihnachtsfest für sie organisiert. Es kamen viel mehr Leute als erwartet.“ Eine Sache ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Ich habe in die Gesichter der jungen Männer mit Kindern geblickt und sie waren einfach mal glücklich.“