Köln. Die Schläge der größten schwingenden Glocke der Welt – des „Dicken Pitter“ – hallten am Freitag über den Roncalliplatz in Köln. Genau um 8 Uhr stimmten die Glocken von über 230 anderen Kirchen über das gesamte Erzbistum verteilt ein. Geläutet wurde unter anderen in Wuppertal, Neuss, Düsseldorf, Erftstadt, Bonn, Königswinter und Bad Honnef. Seit dem Jahr 2000 haben über 23.000 Flüchtlinge bei dem Versuch nach Europa zu gelangen ihr Leben bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren verloren. Jedem einzelnen widmete das Erzbistum Köln nun einen Glockenschlag und forderte so auch zu einer „Globalisierung der Nächstenliebe“ auf.
„Menschen auf der Flucht sollen das reiche Europa gar nicht erst betreten. Sie stehen vor Zäunen und Mauern oder ihre Schiffe werden beschossen“, so Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Der Erzbischof wollte mit dieser Aktion auch einen Weckruf an die Politik senden: „Wir brauchen endlich eine europäische Willkommenskultur und damit legale und sichere Möglichkeiten, nach Europa einzureisen.“
Kardinal Woelki hatte an rund um den Glockenschlag auf dem Roncalliplatz am Kölner Dom auch zu einem Solidaritätsabend für Flüchtlinge eingeladen. In einer ökumenischen Gedenkfeier unter der Beteiligung des Vizepräses der evangelischen Kirche Christoph Pistorius, des Metropoliten der Orthodoxen Kirche von Antiochien Isaak Barakat sowie dem Generalbischof der koptisch-orthodoxen Christen in Deutschland Anba Damian wurde beim Klang des „Dicken Pitter“ der Opfer gedacht. In seiner Predigt mahnte Kardinal Woelki die europäische Politker, legale Wege für Flüchtlinge zu schaffen „und eine Seenotrettung, die Menschen und nicht Grenzen schützt.“ Nächstenliebe ende nicht an den Zäunen und im Wassergraben Südeuropas, so der Kardinal. „Wir müssen Nächstenliebe endlich globalisieren.“
Auf der Bühne berichteten Menschen von ihrer Flucht. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen Rupert Neudeck, Mitgründer des Cap Anamur sowie der MISEREOR-Geschäftsführer Dr. Martin Bröckelmann-Simon sowie die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann. Musikalisch untermalt wurde das Programm von der Percussiongruppe Mama Afrika, der Sängerin Judy Bailey und dem Jugendchor St. Stephan. Bei dem Internationalen Buffet gab es unter anderem Spezialitäten aus Ruanda, die Alphonsine Kayinamura-Ihunge zubereitet hatte, die selbst Fluchterfahrungen machen musste. Auf dem Roncalliplatz gab es außerdem Informationen zur aktuellen Flüchtlingssituation und zehn Hilfswerke stellten ihre Arbeit vor. Die „Aktion Neue Nachbarn“ des Erzbistums Köln verteilte rote Armbänder auf denen in unterschiedlichen Sprachen „Willkommen“ steht, um so für eine Willkommenskultur zu werben. Über eine Videoleinwand zugeschaltet, erklärte der Direktor der Seenotrettungs-Initiative Moas, Martin Xuereb, wie ihr Schiff auf dem Mittelmeer Menschen rettet. Der gesamte Erlös des Abends geht an diese Organisation aus Malta.
Am Sonntag, den 21. Juni gab es eine Sonderkollekte in den Kirchen des Erzbistums Köln, deren Erlös ebenfalls an die Organisation Moas geht.
Weitere Informationen und Fotos: