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Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln

Engagiert in Rösrath – Wie aus Neuen Nachbarn einfach Nachbarn werden

16.04.20, 13:30
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Roland Schauder
Der leere Pfarrei-Raum ist zurzeit Familiennähstube – Familienpatin Christiane auf Kurzbesuch bei Imad und Aya H. (c) Kath. Pfarrgemeinde Rösrath/Roland Schauder

Die Corona-Situation hat uns alle überrascht, der gegenwärtige „Shut Down“ trifft nicht nur die Geschäftswelt und Schulen mit voller Wucht sondern das gesamte gesellschaftliche Leben – so auch in unserer kleinen Stadt: Gotteshäuser und Pfarrsäle sind leer, Sportplätze verwaist, fast alles steht still. So findet auch das Begegnungscafé der Flüchtlingshilfe Rösrath natürlich nicht mehr im gewohnten Wochenrhythmus statt. Es fehlt.

Aber gesellschaftlichen Zusammenhalt zerbombt ein Virus nicht so ohne weiteres: Und so ist in Rösrath – wie vielerorts – derzeit ein Aufblühen der Hilfsbereitschaft zu erleben, wie wir es seit Einsetzen der Flüchtlingswelle 2015 nicht erlebt haben.

Nachbarschaftshilfen entstehen und müssen erstaunlich wenig flankiert werden. Eine besondere Form der Nächsten-Hilfe entstand hier ad hoc: Ein Kölner Krankenhaus fragte via Facebook auch in der Rösrather Community nach textilen Masken, die dringend für die patientenfernen Bereiche benötigt werden.

Frühere Hilfsbedürftige werden zu Helfern

Und die größte Hilfe kommt ausgerechnet von den Menschen, die vor einigen Jahren als Hilfsbedürftige in der Stadt gestrandet sind.

Imad H. mit Tochter Aya ist gelernter Schneider. Viele Jahre hat er seinen Beruf ausgeübt, bevor ihn seine Flucht aus Aleppo in Syrien schließlich mit seiner sechsköpfigen Familie bis ins Bergische führte. Er ist angekommen und fühlt sich heimisch. Nun sieht er endlich seine Chance, etwas zurückzugeben, sein Können für die gute Sache einzusetzen. Die ersten Masken entwarf er selbst, machte sich seine Gedanken. Familien-Patin Christiane unterstützte und beriet. Bald entstand ein Näh-Netzwerk rund um ihn und andere Nähende verschiedensten Hintergrundes. Das Ergebnis: 283 Masken konnte Rösrath noch vor den Ostertagen an (nun schon zwei) katholische Krankenhäuser verschicken. Wer weiß: Vielleicht haben wir damit Leben gerettet. Vor allem aber bestärkt es aber auch die Mitarbeitenden in der Pflege: „Die Solidarität, die wir gerade erfahren ist wirklich ergreifend“, so eine Leitungsverantwortliche des St. Franziskus-Hospitals zum übersandten Osterei.

 

Bestehende Netzwerke bewähren sich. So bringt die Integrationsbeauftragte des Rheinisch-Bergischen Kreises, Gabi Atug-Schmitz, „den Rösrathern“ Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und Plexiglasschutz fürs Pastoralbüro vorbei und kann postwendend textile Masken und eine frisch überarbeitete Nähmaschine für die Kreisstadt in den Kofferraum packen. Aber auch Neues entsteht: Die örtliche Katholische Landjugendbewegung hat zwei Stadtteile für Lieferdienste übernommen, in zwei anderen Stadtteilen sind Bürgervereine assoziiert – Krisenzeiten sind auch Aufwachzeiten.

Besonderer Dank gilt der „Aktion (Neue) Nachbarn“, die mit ihrem erweiterten Förderansatz zeigt: Nachbarschaftshilfe kennt keinen Pass.

Wie geht es mit dem Masken-Projekt weiter?

(Textiler) Mundschutz könnte ein wichtiger Baustein werden, um im öffentlichen Raum die Mitmenschen vor Infektionen zu schützen. Ob in Bus, im Supermarkt oder in der Kirche: Wenn das öffentliche Leben wieder hochfährt, werden möglicherweise noch mehr selbst genähte Masken gebraucht. Für Imad, seine Tochter und viele andere steht fest: Dann sind sie bereit zu liefern – und mit darauf hin zu arbeiten, dass Rösrath möglichst coronafrei bleibt.